Willkommen in Indien!
Namaste!
Ich melde mich das erste mal aus Indien! Ich bin jetzt seit neun Tagen hier und habe in dieser Zeit schon viel erlebt. Ich wurde überaus herzlich am Nityaseva Krankenhaus aufgenommen. Aufgrund eines kleinen Internetproblems, welches ich hoffentlich bald gelöst habe, erscheint jetzt eine Zusammenfassung über das, was ich bis jetzt erlebt habe. Ich hoffe, dass ich mit der Zeit einen passenden Erzählstil für diesen Blog finde und wünsche allen viel Spaß beim lesen!
Nach
einem langen Flug über Istanbul und Mumbai bin ich endlich in Aurangabad
angekommen und werde schon am Flughafen erwartet. Die Anspannung, die bestimmt
jeden in solch einer Situationen begleitet verfliegt schnell, als ich Sister
Anne kennenlerne. Zu meiner Freude sind auch zwei Praktikantinnen aus
Deutschland, Dorothee und Lucia mit dabei. Zum Willkommen gibt es gleich am
Flughafen den ersten Chai. Bei gefühlten dreißig Grad ist Tee nicht das erste
woran man denkt, aber er schmeckt hervorragend. Die Fahrt nach Shevgaon dauert
etwa zwei Stunden. Die Zeit vergeht allerdings sehr schnell, da es auf der
Straße viel zu sehen gibt. Zum Beispiel zahlreiche Ochsenkarren, die Zuckerrohr
transportieren. Als wir am Krankenhaus ankommen richte ich mein Zimmer ein,
gleich danach findet schon das
gemeinsame Abendessen statt. Ich lerne die ersten Schwestern kennen und hoffe,
dass ich mir ganz schnell all ihre Namen merken kann. Meine versagende Stimme *
hindert mich daran, mich ausführlich vorzustellen, aber dazu werde ich in den
nächsten Tagen noch viele Gelegenheiten haben. Insgesamt fühle ich mich an
diesem ersten Abend ganz herzlich aufgenommen. Ich bin von der Reise recht müde
und gehe früh in mein Zimmer, um ein
wenig Schlaf nachzuholen.
* ... warum herrschen in Flugzeugen nachts so arktische Verhältnisse?
Heute
verschlafe ich erst einmal das Frühstück. Schnell merke ich, dass ein
besonderer Tag ist, nämlich der 60. Geburtstag von Sister Franziska. Es werden
schon am Vormittag die ersten Vorbereitungen für die Feier am Abend getroffen.
Mittags kommen alle Angestellten zu einer Tea Party im Hof des
Schwesternwohnheims zusammen. Es gibt ein Geburtstagsständchen, so gut es geht
singe ich “Happy Birthday” mit, bei allem was auf Marathi folgt bleibt mir nur
das Mitklatschen. Ich hoffe sehr, dass ich in ein paar Wochen zumindest ein
kleines bisschen sprechen kann. Nach ein paar Reden und dem besagten Tee löst
sich alles sehr schnell wieder auf, schließlich muss der Betrieb im Krankenhaus
weitergehen. Am Nachmittag helfe ich
mit, den Gemeinschaftsraum für die Feier am Abend zu schmücken. Als die
Geburtstagstorte ankommt sind wir ganz überrascht, mit einer Schwarzwälder
Kirschtorte hatte ich hier nicht
gerechnet. Als mit Luftballons alles feierlich hergerichtet ist, geht es auch
schon bald los. Die ganze Familie von Sister Franziska ist gekommen. Einige,
wie zum Beispiel ihr Neffe aus London haben sehr weite Wege auf sich genommen
um mit dabei zu sein.
Ich nutze den Tag heute vor
allem um mich ein wenig zu erholen. Mit der Erkältung möchte ich noch nicht im
Krankenhaus anfangen. Trotzdem hat mir heute eine Schwester schon die Station
gezeigt, auf der ich als erstes mitarbeiten werde - im "nursery
ward". Ich bin froh, dass ich genug
Zeit habe um hier in Ruhe anzukommen. Beim abendlichen Gebet erfahre ich, dass
heute der eigentliche Geburtstag von Sister Franziska ist und so werden zahlreiche
Geschenke, vor allem Saris, Tücher und praktische Haushaltsgegenstände wie zum
Beispiel eine große “Multifunktionstaschenlampe” ausgetauscht. Es gibt den Rest
der Geburtstagstorte mit Vanilleeis.
Donnerstag, 28.Februar
Ein ereignisreicher Tag. Mit
Lucia und Dorothee bin ich am Vormittag ins Zentrum Shevgaons gelaufen. Vom
Krankenhaus bis dorthin ist es nicht weit, in einer Viertelstunde erreicht man
den Markt. Shevgaon ist eine sehr kleine Stadt, auf den Straßen herrscht aber
buntes Treiben. Heute zum Beispiel mussten wir eine kleine Pause einlegen, da
eine Prozession sich ihren weg durch die Straßen bahnte. Voran ein Junge der
auf einer sehr großzügig geschmückten Kuh reitend den Anfang bildet. Ihm folgte
eine große Gruppe festlich gekleideter Leute und als Abschluss ein Festwagen
mit passender Musik. Touristen verschlägt es nach Shevgaon scheinbar nicht bzw.
sehr selten. Umso exotischer muss das Bild von gleich drei blonden Mädchen
sein. So wird das ein oder andere mal schnell die Handykamera gezückt als wir
vorbeikommen. Wir schauen noch im
Internecafe vorbei wo die Schreibmaschinen zu meiner Überraschung zahlenmäßig
die Computer überragen. Um eine Wassermelone und ein Tuch was sich später
bedingt als Fehlkauf heraus stellt reicher machen wir uns auf den Rückweg. Beim
Mittagessen muss eine Schwester schmunzeln als ich ihr meinen Einkauf zeige.
Sie erklärt mir, dass solche Tücher normalerweise zur Hochzeitskleidung des
Bräutigams gehören. Das Tuch ist violett
und der Rand mit goldenen Fäden verziert. Ich trage es trotzdem und werde
wieder Erwarten nicht mehr darauf angesprochen.
Auf dem Rückweg halten wir bei
einem Tempel und besichtigen diesen. Auch hier ist Sister Franziska keine
Unbekannte. Im Auto ist noch Platz, wir rutschen zusammen und nehmen spontan
noch zwei Bekannte mit.
Am Ende des Tages gefällt mir
der Gedanke, dass ich jetzt vielleicht schon ein kleines bisschen mehr weiß,
wie viele von den Menschen, denen ich im Krankenhaus begegnen werde, leben.
Freitag,1.- Sonntag,3. März
Mit Lucia und Dorothee habe
ich am Wochenende einen Ausflug nach Aurangabad, gemacht. Aurangabad ist ca. 90 Kilometer von
Shevgaon entfernt. Trotzdem ist man ungefähr zwei Stunden unterwegs, je nach
“Straßenlage. Von dort aus haben wir die Ellora- und Ajanta Höhlen besucht. Die Landschaftliche Umgebung
gestaltet sich wie folgt: völlig flaches, sehr trockenes Land, zum großen Teil
bewirtschaftet, trockengefallene Flussbetten, hier und da kleine Seen. Rund um
Aurangabad erheben sich große Tafelberge.
Die Buddhistischen und zum großen Teil auch hinduistischen Höhlentempel
wurden aus den Felswänden herausgemeißelt.
Sie sind reich mit Skulpturen, die Ajanta Höhlen auch mit Gemälden
verziert. Mit Taschenlampen erkunden die Besucher die Höhlen. Wenn man auf die
Details achtet, entdeckt man immer wieder kleine Überraschungen. Wir besuchen
auch noch das Daulatabad Fort, eine Festung auf einem freistehenden Felsen, die
architektonisch betrachtet als uneinnehmbar galt, jedoch schnell wegen
mangelnder Wasserversorgung aufgegeben werden musste. Auch eine Miniaturversion
des Taj Mahal stand auf dem Programm.
Montag, 4.- Mittwoch, 6.März
Ich bin wieder fit und
kann mit meiner Arbeit im Krankenhaus
beginnen. Ich beginne mein Praktikum im "Nursery ward", der Station
für Frühgeborene und kranke Neugeborene. Schwester Myra ist meine
Ansprechpartnerin auf dieser Station und ich bin ihr für die vielen Erklärungen
und die Geduld ,die sie mir entgegenbringt sehr dankbar. Sie spricht sehr gut
Englisch und so können wir uns gut unterhalten. Am Anfang beobachte ich viel
und versuche, das "System" auf der Station zu verstehen. Mittlerweile
erledige ich kleine Aufgaben wie Botengänge zum Labor oder ins Büro und helfe
morgens beim Bettenmachen. Ich schaue bei den Untersuchungen der Kinder zu und
helfe bei der "Showertime", beim Baden mit. Ich hoffe, dass ich mich gut einfügen
kann und bin gespannt auf die nächste Zeit.
Mit Glory, einer angehenden
Schwester aus Bangalore ( dort spricht man vorwiegend Tamil), lerne ich
Marathi. Wir hatten schon eine "Unterrichtsstunde" mit Sister
Velankani und ich hoffe, dass ich bald schon etwas mehr sagen kann als
"Danke" und "Guten Tag".
Bis bald!
Rieke
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