Hallo zusammen,

meine Taschen sind gepackt und mein Zimmer ist schon fast geraeumt - morgen frueh beginnt meine Reise in den Sueden.

Meine letzten Tage im Krankenhaus waren eher unspektakulaer, aber dafuer nett und entspannend. Vormittags habe ich die Krankenschwestern aus dem "Social Department" in die umliegenden Doerfer begleitet. Dort bieten sie ein mal im Monat eine medizinische Basisversorgung an: Tabletten, Salben und Impfungen werden verteilt, Hepatitis B und HIV Tests durchgefuehrt und schwangere Frauen bekommen eine Routinekontrolle. Patienten mit komplizierteren Krankheitsbildern wird ein Besuch im Krankenhaus empfohlen, bei ganz akuten Zustaenden werden sie machmal auch gleich mitgenommen. Eigentlich eine tolle Einrichtung, da man so viele Menschen erreicht, die sonst sicher nie einen Arzt aufgesucht haetten, sei es aus finanziellen Gruenden oder weil es vor allem auf dem Land einfach nicht ueblich ist, zum Beispiel wegen einer Schwangerschaft jemanden hinzuzuziehen. Leider geht auch hier immer wieder vieles durcheinander. So hat eine Krankenschwester drei Kindern ein Medikament, das zur subkutanen Injektion gedacht ist, intramuskulaer gespritzt, bevor ihre Kollegin sie darauf aufmerksam machte, dass sie die falsche Ampulle in der Hand haelt. Die Tabletten sind teilweise kaum voneinander zu unterscheiden und werden, wenn sie erst mal durcheinander gekommen sind, einfach wieder irgendwo dazugelegt. Ich finde das ja nach wie vor etwas gruselig, aber ich muss auch zugeben, dass meine Sorgen sich bisher meistens als unnoetig erwiesen haben. Der Koerper scheint doch mehr zu verkraften, als ich ihm so zutraue. Zumindest versuche ich mir das vor Augen zu halten, wenn abends in meinem Kopf all die kleinen Missgeschicke des Tages herumspuken. 

Die Krankenschwestern bei der Arbeit...


...und bei den Einkaeufen, die sich hier gut mit der Arbeit verbinden lassen.
Meistens habe ich aber weniger Zeit mit Arbeiten zugebracht, als mit Streifzuegen durch die Doerfer. Irgendjemand hat sich immer gefunden, der mich  mitgenommen hat, um mir die Tempel zu zeigen oder mich auf einen Tee zu sich nach Hause einzuladen. Diese Einladungen habe ich immer sehr genossen, ich wurde ueberall so herzlich und doch mit einer so grossen Selbstverstaendlichkeit empfangen, dass ich mich sofort wohl gefuehlt habe. Man hat mir einen Platz zugewiesen, mir einen Tee gebracht und ist weiter seiner Arbeit nachgegangen. Und irgendwann hat man mich wieder verabschiedet, mir einen roten Punkt auf die Stirn gemalt als Zeichen des Willkommenseins und mich wieder zurueckgebracht.
 





Die Nachmittage habe ich dann in der Kueche mitgeholfen, vor allem beim Chiapati rollen, worin ich - wenn man den Koechinnen glauben darf - wohl eine Art Naturtalent bin. Tatsaechlich waren sie schon ziemlich rund. Die Koechinnen versorgen hier jeden Tag etwa 200 Leute, neben den Ordensschwestern die Krankenschwestern, Schwesternschuelerinnen, Arzte und diejenigen Patienten, die sich nichts zu essen leisten koennen. Trotzdem geht es in der Kueche immer gemuetlich und lustig zu, ein guter Ort, um sich nachmittags die Zeit zu vertreiben.

An einem Abend bin ich zum Singen mit in die Doerfer gegangen. Vor Weihnachten gehen die Schwestern jeweils mit einer Gruppe Schuelerinnen in die Doerfer, singen fuer jede katholische Familie zwei Lieder und sammeln Spenden. Ich war doch ziemlich erstaunt, wie viele katholische Familien es hier gibt, wobei ich mir auch vorstellen kann, das das mit der Naehe zum Kloster und der verhaeltnismaessig sehr guten Versorgung im Krankenhaus zusammenhaengt. Ich bin mit Fragen in dieser Richtung etwas vorsichtig, da ich gerne Rueckfragen nach meiner eigenen Religion vermeide. Kulturbedingt werden zwar meist alle Religionen toleriert, aber dass es Menschen ohne Religionszugehoerigkeit gibt, verstehen die wenigsten. Selbst wenn ich mir mit meinen Erklaerungen grosse Muehe gebe und sie ganz verstaendnisvoll nicken und zustimmend      murmeln, fragen sie danach wieder "So who's your god?".
Von unserer Singerei schienen die Leute eher maessig begeistert, wobei auch unser Gesang wohl nur maessig enthusiastisch geklungen hat. Vielleicht war das ja auch wieder so eine Verpflichtung. Fuer mich auf jeden Fall eine lustige Erfahrung.

Morgen fahre ich mit den Schwestern nach Ahmednagar, von wo aus ich abends meine Reise starte. Mein erstes Ziel ist Hampi, von dort aus versuche ich eher spontan zu entscheiden, wohin ich gehe. Ich hoffe, das ist um diese Jahreszeit keine Dummheit. Ich werde irgendwann in den naechsten Tagen noch einmal schreiben, ein paar abschliessende Worte zu meiner Erfahrung im Krankenhaus und vielleicht  erste Eindruecke vom zweiten Teil meiner Reise.
Ich wuensche euch allen ein wunderschoenes Weihnachtsfest und bis dann!

Kommentare

Beliebte Posts